153 Jahre alt ist das Pferdekarussell, das seit mehr als 80 Jahren im Besitz der Familie von Jonas Kruse ist. Es ist für viele das Highlight auf dem Auricher Weihnachtszauber- und der ganze Stolz des 23-jährigen Kruse. Er wird künftig die älteste Bodenmühle Deutschlands, die 1872 gebaut wurde, von seinem mittlerweile 81-jährigen Vater übernehmen. Dafür entschieden hat sich Kruse schon mit 14: „Damals stand für mich die Frage im Raum, wie es beruflich weitergehen soll. Ich bin als Schausteller aufgewachsen und möchte auch so mein Leben leben“, erzählt Kruse. Doch er ist trotz seines jungen Alters kein typischer, moderner Schausteller.
Ein Fahrgeschäft mit langer Geschichte
Denn anders als viele seiner Berufskollegen pendelt er nicht von Markt zu Markt bei jeder Gelegenheit. Mittlerweile gibt es nur noch zwei Standorte, an denen er das Karussell aufbaut: in Jever und in Aurich. Und anders als seine Kollegen schläft er auch nicht im Wohnwagen, sondern eigentlich immer in seinem Zuhause. Von dort aus pendelt er dann nach Jever oder Aurich, arbeitet von 9 bis 20 oder 21 Uhr, ehe es wieder nach Hause geht. Und über diesen Lebensstil ist er auch froh: „Feste Standorte zu haben ist gerade in der unsicheren Zeit, in der wir leben, von Vorteil“, so Kruse.
Zudem sei der kurzfristige Auf- und Abbau mit dem Pferdekarussell auch nur schwer umsetzbar, weiß Kruse: „Der Auf- und auch der Abbau dauern meist zirka 15 Stunden - mit drei oder vier Personen“, so Kruse. Es ist kein Karussell von der Stange, sondern echte Handwerkskunst. Jedes einzelne Detail ist handgefertigt, Schnitzer haben jedes einzelne Pferd und die anderen Sitzgelegenheiten bearbeitet. Seither wurden die Objekte unzählige Male gestrichen und nachgebessert. Jede Generation hat dabei ihre eigenen Akzente ein gebracht: „Mein Vater hat eher knallige, bunte Farben verwendet. Ich entwickele das wieder zurück und setze auf dezentere, traditionelle Farbgebung“, so Kruse.
Früher Pferde - heute Motor
Tradition ist Kruse auch sonst sehr wichtig, denn er versucht stets, so nah wie möglich am Original zu bleiben und wenig bis gar nichts zu verändern. Die größte Änderung liegt deshalb schon viele Jahrzehnte zurück, etwa 1920. Damals wurde der Antrieb umgestellt: Statt durch ein Pferd in der Mitte wird das Karussell seither durch einen Motor angetrieben. Der wurde über die Jahre lediglich repariert, arbeitet seither noch in altbewährter Weise: Transmission mit Riemen. Und so dreht und dreht sich das Karussell Jahr für Jahr weiter. Ein ewiger Kreislauf quasi und in dem spielt Kruse auch eine zentrale Rolle: „Wenn ich an einer Stelle etwas repariert oder ausgebessert habe, kann ich danach an anderer Stelle gleich weitermachen. Es gibt immer etwas zu tun, das bringt das Karussell mit sich.“
Drei Monate in Reparatur
Nach dem Weihnachtszauber wird das Karussell deshalb auch für drei Monate in Kruses Halle wieder überarbeitet und alles Notwendige repariert. Weit oben auf der Liste steht dabei der Austausch der Sitzbänke in den Schiffen, die neben Pferden als Sitzgelegenheiten zur Verfügung stehen. Das nötige Handwerkszeug hat Kruse sich von seinem Vater abgeschaut und vieles auch komplett selbst beigebracht allerdings auch auf ziemlich moderne Weise: „Mit Youtube und Internetrecherche allgemein“, sagt Kruse und lacht. Aike Sebastian Ruhr
