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Mutiger Einsatz für Aurich 1945: Radtour auf historischen Wegen

Ankunft der ersten kanadischen Soldaten Anfang Mai 1945 in Aurich. BILD: Archiv Maaß

Radtour zur Erinnerung an van Senden und Alberts: Fahrradfahrt zur Front, Bootspassage, Treffen mit Brigadier Roberts, historische Stopps in Westgroßefehn, Ulbargen und Aurich, 40 km & fünf Stunden

Es war Anfang Mai 1945. Der Zweite Weltkrieg war fast zu Ende. Viele Städte in Ostfriesland waren schon zerstört. Auch in Leer und Emden hatte es schwere Angriffe gegeben. Doch Aurich war noch verschont geblieben.

Am 3. Mai beschlossen zwei Männer aus Aurich, etwas sehr Mutiges zu tun. Sie wollten verhindern, dass es auch in ihrer Stadt noch Kämpfe gibt. Sie wollten, dass die Stadt kampflos an die Alliierten - also die Soldaten aus Kanada - übergeben wird. Eine Radtour, organisiert vom Historischen Museum, folgt den Spuren der beiden Auricher.

Eine gefährliche Reise mit dem Fahrrad

Der Lehrer Friedrich van Senden und sein Nachbar Heinrich Alberts machten sich damals auf den Weg. Sie fuhren mit dem Fahrrad Richtung Front, also dorthin, wo die Soldaten schon standen. Die Reise war sehr gefährlich. Wenn sie erwischt worden wären, hätte man sie wegen Verrats bestrafen können - vielleicht sogar mit dem Tod.

Weil eine Brücke zerstört war, mussten sie mit einem kleinen Boot über das Wasser fahren. Dann liefen sie weiter zu Fuß. Schließlich trafen sie tatsächlich kanadische Soldaten. Diese brachten die beiden Männer zu Brigadier James Alan Roberts, General der 3. kanadischen Infanterie.

Der General sagte: Er will die Stadt nicht angreifen - aber nur, wenn eine offizielle Delegation aus Aurich bis zum nächsten Tag, am 4. Mai um 12 Uhr, kommt - und die Stadt übergibt.

Fast zu spät

Van Senden und Alberts gingen zurück. Ihre Fahrräder waren weg - wahrscheinlich hatte eine Patrouille sie entdeckt. Am nächsten Morgen wurden wichtige Leute in Aurich informiert, darunter Bürgermeister Oscar Rassau sowie den Standortkommandanten Kapitän zur See Eberhard Jaehnke. Dann machte sich eine Gruppe mit dem Auto und dem Chauffeur Heinrich Berger, auf den Weg zu den Kanadiern. Doch das Auto sollte nicht weit kommen. Es blieb in einem Sprengtrichter stecken.

Unternehmen aus der Region

Die Männer liefen zu Fuß und mit geliehenen Fahrrädern weiter und fanden zum Glück später Fahrräder. So schafften sie es gerade noch rechtzeitig zur kanadischen Armee. Aurich wurde kampflos an General Roberts übergeben. Die Stadt blieb verschont.

Wie knapp es war

Später fand man heraus: Wenn Aurich sich verteidigt hätte, wären kanadische Truppen mit vielen Soldaten, schweren Kanonen und Flugzeugen gegen die Stadt vorgegangen. So haben es die Alliierten oft gemacht, um ihre eigenen Soldaten zu schützen. Die Folgen solcher Angriffe waren viele Tote - auch unter Zivilisten - und große Zerstörung. Ein Beispiel dafür ist die Stadt Leer, die noch im April 1945 schwer getroffen wurde.

Radtour zur Erinnerung

Heute - 80 Jahre später - erinnert eine Radtour an diese mutige Tat, führt über Orte wie Westgroßefehn und Ulbargen zurück nach Aurich. Die Tour ist etwa 40 Kilometer lang und dauert ungefähr fünf Stunden. Unterwegs auf der 40 Kilometer langen Tour gibt es Stopps, bei denen die Geschichte erzählt wird. Begleitet wird die Tour von Reiner Alberts, dem Sohn von Heinrich Alberts, und Almuth Peters, der Enkelin von Friedrich van Senden. In dem neuen Wohnquartier in der ehemaligen Blücher-Kaserne sind heute zwei Straßen nach van Senden sowie Alberts benannt, deren mutiger Einsatz zeigt, wie Einzelne durchaus Einfluss auf große Ereignisse nehmen können. Günther Gerhard Meyer