Navigation überspringen
nordwest-zeitung

Erfolgreicher Spediteur schlägt 1985 ein neues Kapitel der Wirtschaftsförderung auf

Vor 40 Jahren startet Claus Baak seine Mittagsrunde, ein zwangloses Unternehmer-Treffen. Bild: Dirk Gabriel-Jürgens

40 Jahre Mittagsrunde im Atlantic Hotel - persönliches Unternehmernetzwerk in Wilhelmshaven mit regionaler Wirtschaftsförderung, prominenten Gästen, Vier-Gänge-Menü und exklusiver Atmosphäre

Der letzte Mittwoch im Monat ist bei Claus Baak gesetzt. Zumindest meistens. Und das seit stolzen 40 Jahren. Denn eben dieser Mittwoch ist der traditionelle Termin für die von ihm initiierte und organisierte Mittagsrunde. Hier kommen Unternehmer und Unternehmerinnen aus Wilhelmshaven und der Region zusammen, um in lockerer Runde und bei einem Vier-Gänge-Menü miteinander ins Gespräch zu kommen: Netzwerken heißt das Zauberwort.

Unternehmen aus der Region

Lockere Gespräche abseits des Protokolls

Der ehemalige niedersächsische Finanzminister Reinhold Hilbers (2. von links) von der CDU nahm 2019 an der Runde teil und wurde vor Ort vom Gastgeber, dem Landtagsabgeordneten Holger Ansmann (3. V.I., SPD) und Oberbürgermeister Carsten Feist (r.) begrüßt. Bild: Archiv
Der ehemalige niedersächsische Finanzminister Reinhold Hilbers (2. von links) von der CDU nahm 2019 an der Runde teil und wurde vor Ort vom Gastgeber, dem Landtagsabgeordneten Holger Ansmann (3. V.I., SPD) und Oberbürgermeister Carsten Feist (r.) begrüßt. Bild: Archiv

Was 1985 einmal relativ klein angefangen hat, ist längst zu einer der wohl wichtigsten Zusammenkünfte von Unternehmerinnen und Unternehmern unterhalb institutioneller Verbindungen erwachsen. Und genau das war dem erfolgreichen Speditionsunternehmer Claus Baak von Beginn an ein zentrales Anliegen. „Mal abseits vom Geschäftlichen über Gott und die Welt miteinander reden zu können - das war die Idee“, blickt er zurück.

Dabei sei die Mittagsrunde eigentlich aus dem Nichts entstanden. 1974 sei er in den Bundesverband Junger Unternehmer (BJU) Weser-Ems eingetreten. Der teilte sich in verschiedene„Mittagstische“ auf, vergleichbar mit Stammtischen, die von den Mitgliedern wechselweise organisiert wurden. Doch so richtig schmeckte Baak diese Form der Zusammenkunft und das „Schmoren im eigenen Saft“ nicht, zumal „das Interesse daran auch spürbar nachließ“, wie er erzählt. 

Unternehmen aus der Region

„Ich war 1985 mit der Organisation dran, wollte mich aber mit den Gästen lieber mal in kleinerer Runde und außerhalb des üblichen Protokolls austauschen.“ Gesagt - getan. Er lud auf eigene Faust und persönlich eine Handvoll Unternehmer aus dem BJU zum gemeinsamen Mittagessen in die damalige „Artischocke“ an der Paulstraße ein.

Unternehmen aus der Region

Großer Zuspruch für neues Konzept

Dass er damit einen Nerv getroffen hatte, merkte er bereits in der zweiten Runde einen Monat später. „Dafür hatte ich dann andere Gäste eingeladen, aber die vom ersten Mal waren zu meiner eigenen Überraschung auch wieder da.“ Und der Schneeball rollte weiter. Obwohl die Gäste ihr Essen immer selbst zu zahlen hatten (und es bis heute tun), war das Interesse so groß, dass im Umkehrschluss die „Artischocke“ für die monatlichen Treffen zu klein wurde. 

Unternehmen aus der Region

Zwar hatten Ende 1985 alle Unternehmer dem BJU den Rücken gekehrt, das „neue“ Veranstaltungsformat aber sollte bleiben. „Die Kollegen hatten mich damals gebeten, diese Treffen doch unbedingt weiter zu organisieren. Das habe ich dann auch gemacht.“

Anfang der 1990er Jahre folgte der Umzug ins Hotel am Stadtpark.„ Bodo Behnke hatte mir das Haus vorgestellt. Mit seinem Bruder Lothar hatte ich in den 60er-Jahren gemeinsam den Wehrdienst geleistet. So waren wir irgendwie ins Gespräch gekommen.“ Der große Saal, so erinnert sich Baak, sei perfekt gewesen. Allerdings habe es ein Problem gegeben. Wie es der Name sagt, findet die Mittagsrunde immer mittags statt. Das zum Hotel gehörende Restaurant „Alkoven“ allerdings hatte nur abends geöffnet.

Unternehmen aus der Region

 „Da hat Bodo Behnke kurzerhand exklusive Öffnungszeiten für uns ermöglicht.“ Der neue Standort war gefunden. „Und dort konnte ich die Runde dann kontinuierlich erweitern.“ Erst habe er den halben Saal genutzt, später dann den ganzen. „Aus der ursprünglich großen, gemeinsamen Tafel sind dann einzelne Gruppentische geworden.“

Mittagsrunde bekommt weibliche Note

Mitte der 1990er-Jahre folgte dann die nächste, vielleicht sogar noch größere Zäsur. Bis dahin war die monatliche Veranstaltung eine reine Männerrunde.„Es ist immer ein Treffen von erfolgreichen Unternehmen gewesen, die sich dort präsentieren und einfach locker miteinander unterhalten konnten, natürlich manchmal auch geschäftlich. 

Unternehmen aus der Region

Aber mir waren damals einfach keine erfolgreichen Unternehmerinnen bekannt. Deshalb wäre ich auch nicht darauf gekommen, Frauen in die Runde zu holen“, klärt der Initiator auf. Dann aber sei ihm Désirée Ravnsborg-Gjertsen vorgestellt worden, die zu diesem Zeitpunkt ein Start-Up an den Markt gebracht hatte. 

„Da habe ich sie dann für einen Vortrag, der traditionell zwischen Vor- und Hauptspeise gehalten wird, in die Mittagsrunde eingeladen.“ Ihre Ausführungen hätten die Teilnehmer seinerzeit sehr beeindruckt. Und die Unternehmerin habe ihrerseits Gefallen an der Veranstaltung gefunden und nachgefragt, ob sie nicht zukünftig regelmäßig an der Runde teilnehmen könne. Baak stimmte zu.„Sie war die erste Frau in unserer Runde, aber danach kamen dann noch viele weitere dazu. Es gibt bei uns keine Quote oder so etwas. Nicht das Geschlecht ist entscheidend, sondern die unternehmerische Leistung.“

Unternehmen aus der Region

Mittagsrunde mit Ministern

Ende 2004 gelang Baak dann der nächste Coup, als er mit Niedersachsens damaligem Wirtschaftsminister Walter Hirche (FDP) erstmals einen hochrangigen Politiker als Ehrengast begrüßen konnte. Drei Jahre zuvor habe er zwar auch schon Dr. Philipp Rösler eingeladen, dessen Minister-Karriere (bis hin zum Vize-Kanzler) aber erst später (2009) startete.

Mit dem Besuch von Hirche habe sich die Mittagsrunde auch im Kabinett von Hannover einen Namen gemacht, mit dem Ergebnis, dass Baak seither regelmäßig Minister zu Gast hat. Am häufigsten vermutlich Olaf Lies (SPD) aus Sande, der bei seinem bislang letzten Besuch noch Wirtschaftsminister gewesen ist.„Aber er hat versprochen, auch als Ministerpräsident wiederzukommen.“

Unternehmen aus der Region

Mittagsrunde zieht ins Atlantic-Hotel

Vor wenigen Jahren ist die Mittagsrunde erneut umgezogen - ins Atlantic Hotel. „Es ist ein großartiges Haus, zwischen Wilhelmshaven und Bremen gibt es nichts Vergleichbares. Wir können wirklich stolz sein, so ein Hotel in Wilhelmshaven zu haben und fühlen uns mit der Mittagsrunde dort bestens aufgehoben.“ 

Er werde dort großartig unterstützt, genau wie von Elke Uldahl und Jürgen Thiedemann, die ihm bei der Organisation zur Seite stehen, lobt Baak.

Unternehmen aus der Region

Wirtschaftsförderung ohne Rathaus

40 Jahre organisiert der inzwischen 80-Jährige inzwischen seine monatlichen Unternehmertreffen, zwei oder drei Jahre will er in jedem Fall noch weitermachen, um das Format dann in andere Hände zu übergeben. Ein bisschen habe er seine Fühler schon ausgestreckt, um einen Nachfolger zu finden. „Aber es muss dann in meinem Sinne weitergehen“, sagt Baak. Was er damit meint? 

„Mir ist es ganz wichtig, jeden Gast, zuletzt waren es knapp 80, persönlich und verbindlich einzuladen. Ich schreibe keine E-Mails, sondern spreche alle direkt an. Dieser unmittelbare Kontakt, die persönliche Ansprache und absolute Freiwilligkeit bei der Teilnahme - das alles macht die Runde zu etwas Besonderem, hält sie lebendig und spannend. Hier erfährt man wichtige Dinge und Zusammenhänge, die manchmal sofort, manchmal aber auch erst viel später von Bedeutung sein können. 

Unternehmen aus der Region

Wie oft haben sich verschiedene Teilnehmer der Mittagsrunde schon kurzgeschlossen, um sich gegenseitig zu unterstützen oder etwas gemeinsam auf die Beine zu stellen - auch zum Wohle der Stadt. Das ist Wirtschaftsförderung ohne Rathaus.“

Von Lutz Rector