Esens Wer Hans-Christian Petersens Atelier in der Esenser Westerstraße betritt, weiß zunächst nicht, wohin er zuerst schauen soll. Ostfriesische Landschaften mit sattem Grün und viel blauem Himmel bestimmen das Bild beziehungsweise die Bilder, die hier zu finden sind. Doch der 78-jährige in Elmshorn geborene Künstler ist viel mehr als „nur“ ein Maler, der es hervorragend versteht, Küstenlandschaften auf die Leinwand zu bringen.
In diesen Tagen blickt Petersen voller Freude auf die vergangenen 50 Jahre zurück: „Am 1. November 1975 meldete ich mein Gewerbe bei der Industrie- und Handelskammer an, um meine Bilder in einem eigenen Laden verkaufen zu können. Bereits 1974 startete ich mit einem kleinen Atelier in Esens, genauer gesagt im Haus Am Markt 4a“, berichtet „HCP“, wie er von vielen genannt wird. Im Zuge der Gewerbeanmeldung eröffnete er die "AntikBoutique“ in der Butterstraße 7; zwei Jahre später folgte der Umzug an die Marktstraße 10. In den 1980er-Jahren eröffnete er parallel eine kleine „Sommergalerie“ am Kirchplatz, in der befreundete Künstler wohnen und ausstellen konnten. 1985 folgte der finale Umzug in die Westerstraße 10, hier fand Hans-Christian Petersen ein perfektes Domizil, um seine Werke ausstellen und verkaufen zu können.
Gemälde und Skulpturen
Hans-Christian Petersen hat sich darauf spezialisiert, die typischen Seiten und Schönheiten der norddeutschen Landschaft in seiner Kunst festzuhalten. Über Jahrzehnte hinweg schuf er Werke wie Aquarelle, Gemälde, Radierungen, Handzeichnungen und Illustrationen, die überwiegend im impressionistischen Stil gehalten sind. Besucher seiner Galerie in der Westerstraße können farbenfrohe Eindrücke seiner Arbeiten genießen, während einige seiner dreidimensionalen Werke, sprich Bronzeskulpturen, an verschiedenen Orten in Ostfriesland zu finden sind.
Bereits bei seinen ersten Begegnungen mit Ostfriesland erkannte Petersen die künstlerische Faszination der Marsch-, Geest- und Moorlandschaften, die sich unter einem weiten, hohen Wolkenhimmel erstrecken. Hinzu kommen die Nordsee mit ihren Küstenorten und Sielhäfen sowie die Ostfriesischen Inseln, die mit ihrem eigenen Charakter eine unerschöpfliche Inspirationsquelle für den Künstler darstellen. Petersen interpretiert die Landschaftsmalerei in vielfältigen Techniken wie Aquarell, Acryl, Linolschnitt oder Federzeichnung und verleiht den besonderen Merkmalen des ostfriesischen Küstenstreifens seine eigene künstlerische Handschrift. Seine Werke zeichnen sich durch eine zurückhaltende Farbgebung aus, bei der der weite Himmel oft im Mittelpunkt steht und sanft in Wasser und Land übergeht. Die norddeutsche Landschaft mit ihrer spröden und kargen Schönheit spiegelt sich in der Reduktion seiner Bilder auf das Wesentliche wider. Dabei vermeidet Petersen romantische Nostalgie oder Anklage und setzt stattdessen auf eine zeitgemäße Interpretation, bei der die Grenzen zwischen Gegenständlichem und Abstraktem bewusst verschwimmen. Besonders seine abstrakte Bilderreihe „Cosmic – Blick in die Unendlichkeit“, die er ab 2006 entwickelte, zeigt eine kreative Weiterführung seiner Themen.
Studium in Florenz

Hans-Christian Petersen wuchs in Elmshorn (Schleswig-Holstein) auf und absolvierte eine Ausbildung zum Einzelhandelskaufmann und Werbefachmann. Schon früh zeigte sich, dass er das künstlerische Talent seines Vaters, Prof. Wilhelm Petersen, geerbt hatte. Dieser war als Zeichner des berühmten Mecki-Comics bekannt, und unter seiner Anleitung erhielt HansChristian ein Privatstudium zum Maler und Grafiker.
Bereits 1968 stellte der damals 21-Jährige seine ersten eigenen Werke aus. Sein künstlerischer Weg führte ihn 1970 nach Florenz, wo er Kunst und Kunstgeschichte studierte. Nach Studienreisen durch Europa nahm er 1971 an einer Gruppenausstellung in Esens teil, was schließlich zu seinem dauerhaften Aufenthalt in Ostfriesland führte. 1974 zog er nach Esens, richtete sich ein Atelier ein und eröffnete später eine Galerie, die bis heute besteht. Dort zeigt er seine Werke, bietet Kunstdrucke und Kunstkarten an, betreibt eine Rahmenwerkstatt und gibt Malkurse.
Begeisterter Comic-Sammler
Neben seiner Tätigkeit als Maler und Galerist engagiert sich Petersen aktiv in der Region. Er war Mitbegründer des ostfriesischen Kunstkreises und wirkte als Vorsitzender der Aktionsgemeinschaft Esens und Umgebung (AEU), für die er zahlreiche Stadtfeste mitorganisierte. Zudem ist er als Illustrator tätig und gestaltete Gebrauchsgrafiken für lokale Verlage, Vereine und den Kurverein Esens-Bensersiel. Für den Lions-Club entwarf er über viele Jahre den Adventskalender, dessen Erlös gemeinnützigen Projekten zugutekam. Auch als Bildhauer ist Petersen seit 1998 aktiv und schuf zusammen mit seinem Bruder Anders Petersen zahlreiche Kunstwerke für den öffentlichen Raum, darunter die bekannten Bronzeskulpturen "Alt- und Jungfischer“ in Neuharlingersiel und „Delftspucker“ in Emden. Seine Werke sind an vielen Orten in Ostfriesland zu finden und prägen das kulturelle Bild der Region.
Hans-Christian Petersen hat seine Kunst in zahlreichen Einzel- und Gruppenausstellungen präsentiert, und seine Werke wurden von privaten Sammlern, Banken und sogar dem Deutschen Bundestag erworben. Mit seinem eigenen Verlag „Edition Petersen“ und einem Online-Shop hat er seine Bandbreite erweitert und unterstützt auch andere Kulturschaffende bei der Veröffentlichung ihrer Werke. Privat widmet er sich leidenschaftlich dem Sammeln von Original-Comic-Zeichnungen, ein Interesse, das durch die Arbeit seines Vaters geprägt wurde. Mit seiner Vielseitigkeit als Maler, Grafiker, Bildhauer und Galerist hat HansChristian Petersen nicht nur die Kunstszene Ostfrieslands bereichert, sondern auch einen bleibenden Eindruck in der Region hinterlassen.
Von Frank Brüling und Detlef Kiesé
